Philosophische Realitätsbetrachtungen und afrikanische Sicht auf die Dinge
Im Vorfeld der Ankunft des Nairobi Hope Theaters erreichte uns ein dramatisches Schreiben, dass wegen einer versehentlichen Doppelbuchung nur ein reduziertes Ensemble anreisen könne. Auch die verkleinerte Schauspielgruppe wusste jedoch eine eindrucksvolle Vorstellung zu bieten. Sie bestand aus einer afrikanisch-deutschen Kooperation in der sich kenianische Melancholie, Vitalität und Lebensfreude mit der hierzulande üblichen Gemütstiefe vereinten.
Thema der neu inszenierten Revue waren die Hintergründe der Migrationsursachen. In einem Bogen, der bei der europäischen Auswanderungsbewegung des 19. Jahrhunderts begann und zu den heutigen Flüchtlingsströmen führte, wurden Schicksale und Szenen dargestellt, in denen sich europäische Weltkolonisierung und das Elend heutiger Boat People konfrontierten. Die beiden deutschen Begleiterinnen trugen dazu Sätze vor wie: „Wo niemand etwas hat, gibt es kein Mitleid.“ “ Vergessen ist das Mittel gegen das Verrücktsein.“ „Immer gibt es ein richtiges und ein falsches Land.“ “ Wirklichkeit ist die Summe der Taten.“ “ Hunger ist kein Delikt“ oder“Man flieht nicht, weil einem das Essen nicht schmeckt“. Das kenianische Team ergänzte aus Flüchtlingssicht: „Wir hätten alle Fähigkeiten.“ „Den Rest schaffen wir alleine (wenn man uns nur kommen ließe)“. Dabei klangen auch Anspielungen zur immer kälteren Reaktion auf die Migration nach Deutschland durch, wenn von der Wahrheit hinter den Mauern der Festung Europa gesprochen wurde.
Starke Anteilnahme fanden schließlich Tanz- und Fußballeinlagen mit Hüftschwung im Streifenröckchen und Bodenakrobatik, wobei auch begeistertes Publikum die Bühne erklomm. Doch selbst hierzu ließ sich eine Passage hören, die Folklore kritisch reflektierte. Die gemeinschaftsbildende Kraft dieser eingängigen Rhythmen und Bewegungen wird jedoch jeder erkennen und nicht missen wollen.